Die jährlich stattfindende Geschichtsexkursion des Laurentianum nach Erfurt, Buchenwald und Weimar führte auch in diesem Jahr eine Gruppe geschichtsinteressierter Schüler*Innen nach Thüringen.

Unter Leitung ihrer Lehrer Lars Boesenberg, Robin Krühler und Isabel Tenbergen sowie in Begleitung der Praxissemesterstudierenden Süheyla Erciyas erkundeten 53 Neuntklässler*Innen zunächst das mittelalterliche Erfurt. Der imposante Domberg als Machtzentrum der Herrschaft der Mainzer Bischöfe auf der einen Seite und das Selbstbewusstsein einer wohlhabenden mittelalterlichen Stadtgesellschaft auf der anderen Seite wurden ebenso thematisiert wie die daraus resultierenden Konflikte.

Einen thematischen Schwerpunkt bildete das Verhältnis zwischen christlicher Mehrheit und jüdischer Minderheit im Hoch- und Spätmittelalter und der schleichende Prozess, wie aus einem friedlichen Zusammenleben aufgrund von Gerüchten und gestreutem Misstrauen erst eine Ausgrenzung der Juden und schließlich das Judenpogrom von 1347 entstanden.

Im Anschluss erkundeten die Schüler*Innen bei strahlendem Sonnenschein das einzigartige Ensemble aus mittelalterlichem Fachwerk, Renaissancefassaden und Jugendstilarchitektur und zeigten sich beeindruckt von der lebendigen Atmosphäre der Stadt.

Am folgenden Tag stand ein schweres Thema auf dem Programm, mit dem sich die Schüler intensiv auseinandersetzten. In zwei Gruppen aufgeteilt und geleitet von ihrem Lehrer Lars Boesenberg erkundeten die Schüler das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald. Tief bewegt von dem unfassbaren Leid, das an diesem Ort herrschte, ergaben sich sehr nachdenkliche Gespräche über die Frage, zu welchen Taten Menschen unter welchen Bedingungen fähig sind. Dabei stand nicht nur der Zoologische Garten im Mittelpunkt, der unmittelbar an das Lager angrenzend errichtet worden war, um den SS-Männern und ihren Familien zur „Erholung und Zerstreuung“ zu dienen, und deren Tiere von rechtlich höherem Wert als die Häftlinge des Konzentrationslagers waren, sondern vor allem das Handeln Einzelner. Dass eine ohnehin schon unmenschliche Lagerordnung regelmäßig von den Tätern missachtet worden ist, um aus persönlichem Antrieb zu foltern und zu quälen, hinterließ Fassungslosigkeit. So hat Martin Sommer, der Leiter der Strafabteilung, des sogenannten „Bunkers“, seine Position über Jahre ausgenutzt, um seine sadistischen Triebe auszuleben und sich die perfidesten Foltermethoden auszudenken. Auch die Existenz des Lagerbordells, in dem weibliche Häftlinge aus anderen Lagern zur Zwangsprostitution als Belohnung für willfähriges Verhalten der Buchenwaldhäftlinge gezwungen wurden, hinterließ Fragen. Die auf mehreren Ebenen stattgefundene Entmenschlichung stand dabei im Mittelpunkt der Erklärungsversuche der Schüler*Innen.

Danach erholten sie sich in der heiteren und kulturell geprägten Atmosphäre des nahe gelegenen Weimar von den Eindrücken aus Buchenwald und reflektierten das Erlebte. Gerade dieser Kontrast warf dabei neue Fragen auf machte nachdenklich.

Am folgenden Tag begaben sich die Schüler*Innen, erneut bei bestem Wetter, auf die Spuren der Weimarer Klassik und des Wirkens Goethes in Weimar. In seinem Wohnhaus und in der weltberühmten Anna-Amalia-Bibliothek konnte die geistige Größe und tiefe Menschlichkeit jener Epoche ebenso nachempfunden werden, wie bei einer Stadtrallye auf den Spuren Goethes.

Dieser Kontrast zwischen der Kultur und Menschlichkeit der Goethezeit und der nur acht Kilometer entfernt stattgefundenen Unkultur und Unmenschlichkeit in Buchenwald war das zentrale Thema der Abschlussbesprechung. Die Schüler diskutierten, auf welche Weise auch in Weimar den Taten in Buchenwald gedacht werden sollte, oder ob es besser sei, die Erinnerung an beide Extreme der deutschen Geschichte räumlich zu trennen, um ihnen jeweils einen gebührenden Platz zur Auseinandersetzung zu geben.