Berlin-Projekt der EF
Ein Blick hinter die Kulissen Deutschlands
Vom 6. bis 10. April 2025 erlebten 95 Schüler:innen der Jahrgangsstufe EF des Gymnasium Laurentianum ein einzigartiges, fächerübergreifendes Projekt in der pulsierenden Hauptstadt Berlin. Unter der Leitung von sieben engagierten Lehrer:innen tauchten die Teilnehmer:innen tief in die facettenreiche Gesellschaft, Kultur und Politik der Stadt ein und konnten dabei ein individuelles Programm nach ihren Interessen zusammenstellen.
Der erste Tag stand ganz im Zeichen des Wahlprogramms „Berliner Kontraste“. In verschiedenen Teilgruppen erkundeten die Schüler:innen Orte, die abseits der üblichen Touristenpfade liegen und das wahre Leben in Berlin widerspiegeln. Im Görlitzer Park berichteten fünf Polizist:innen eindrucksvoll und sehr persönlich von den Herausforderungen, die Drogen und Gewalt mit sich bringen, während der Park gleichzeitig als idyllischer Rückzugsort für Familien dient. Eine andere Gruppe besuchte eine Wagenburg im ehemaligen Todesstreifen, wo der „Bürgermeister“ der Gemeinschaft von der alternativen Lebensform und den Kompromissen erzählte, die notwendig sind, um von der Bevölkerung akzeptiert und als Bereicherung wahrgenommen zu werden. Eine weitere Gruppe besuchte eine Künstlergruppe, die in einer ehemaligen Fabrik kreative Räume geschaffen hat und mit einer renommierten Tanzgruppe für Aufmerksamkeit sorgt. Die Suche nach Nischen für Kultur in der immer teurer werdenden Hauptstadt war hier ein zentrales Thema.
Den irritierenden Kontrast zu den zuvor besuchten Orten und Menschen bildete dann am Abend der gemeinsame Rundgang durch das herrschaftliche Berlin vom Brandenburger Tor und Unter den Linden zur Museumsinsel und dem wiedererrichteten Stadtschloss sowie dem Berliner Dom.
Am zweiten Tag stand eigenständige Recherche auf dem Programm. Ausgestattet mit historischen Fotos suchten die Schüler:innen die ursprünglichen Aufnahmeorte auf, machten aktuelle Fotos aus derselben Perspektive und führten Interviews mit Passanten. Diese Gespräche führten bei einigen Gruppen zu bewegenden Einblicken in persönliche Geschichten über die Mauer und die Veränderungen in der Stadt.
Ein Besuch im ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis in Hohenschönhausen hinterließ einen bleibenden Eindruck. Die eindringlichen Berichte ehemaliger Stasi-Opfer über die dortige psychische Folter gingen tief. Emotional und aufrüttelnd waren die Appelle an die Schüler:innen, dass Demokratie ein wertvolles Gut ist, das nicht auf ewig existiert und in einer Diktatur enden kann, wenn es nicht von den Bürger:innen selbst verteidigt wird.
Die folgenden beiden Tage waren geprägt von parallelen fachbezogenen Projekten, die die Schüler:innen zuvor gewählt und vorbereitet hatten. In einem Geschichtsprojekt erforschten sie in einer biografischen Spurensuche die Flucht von Ost- nach West-Berlin und führten ein bewegendes Gespräch mit einem Fluchthelfer, der Tunnel zwischen beiden Teilen Berlins gegraben hatte und damit 78 Menschen die Flucht ermöglichte. Eine andere Gruppe beschäftigte sich im Fach Ethik mit Randgruppen der Gesellschaft und sprach in einer Suppenküche über deren Lebensrealitäten, bevor ein ehemaliger Obdachloser in einem Stadtrundgang zeigte, wie das Leben auf der Straße aussieht. In einem Projekt des Fachs Pädagogik setzten sich Schüler:innen intensiv mit der Reintegration von Strafgefangenen in die Gesellschaft auseinander und reflektierten Hindernisse und Brücken für einen gelungenen Neustart. Im Kunstprojekt erforschten die Schüler:innen die Ästhetik und gesellschaftliche Bedeutung von Graffiti und Street Art an der East Side Gallery und dem Teufelsberg. Im Erdkunde-Projekt verglichen andere Schüler:innen die Top-Down-Planung des Potsdamer Platzes mit der kreativen Bottom-Up-Initiative am Holzmarkt, was die Bedeutung beider Ansätze verdeutlichte. Es zeigte sich, dass beides seine Berechtigung habe, dabei faszinierte vor allem der Holzmarkt mit seiner Kreativität, Nachhaltigkeit und seiner kulturellen Magnetwirkung. Ein spannendes Projekt im Bereich Sozialwissenschaften führte die Schüler:innen ins ZDF-Hauptstadtstudio, wo sie mit dem Journalisten Daniel Pontzen über die Rolle der Medien in Zeiten von Fake News und gefährdeter Demokratie diskutierten.
Den Abschluss der Projektphase bildete ein gemeinsamer Abend in einer originalen 60er-Jahre-Bar, die die Laurentianer:innen für sich hatten. Neben der im Retro-Stil gehaltenen Bar stand den Schüler:innen ein Dance-Floor und eine originale 60er-Jahre Kegelbahn zur Verfügung, was intensiv genutzt wurde, um den letzten Abend in Berlin zu feiern.
Am letzten Tag in Berlin fand ein Gespräch mit dem Abgeordneten Henning Rehbaum statt, bei dem die Schüler:innen spannende und kritische Fragen stellten. Zudem besuchten sie zum Abschluss verschiedene Ausstellungen und Museen, darunter die Neue Nationalgalerie, den Hamburger Bahnhof und den Tränenpalast.
Das Berlin-Projekt des Gymnasium Laurentianum war nicht nur eine intensive und interessante Reise, sondern auch eine wertvolle Gelegenheit, tiefere Einblicke in die Politik, Gesellschaft und Kultur Berlins zu gewinnen. Die Schüler:innen kehrten mit vielen neuen Impulsen und einem erweiterten Horizont zurück – eine Erfahrung, die sie sicherlich ein Leben lang begleiten wird. Die Kombination aus praktischer Anwendung, direkten Gesprächen und dem Erfahren Berlins jenseits der touristischen Orte ist eine prägende Erfahrung für alle gewesen.