Sozialwissenschaften

Das Fach Sozialwissenschaften in der Oberstufe ist die Fortführung des Fachs Wirtschaft-Politik der Erprobungs- und Mittelstufe und setzt zugleich neue Akzente.

Diese neuen Akzente soll der Name des Fachs ausdrücken:

Erstens findet, wie in anderen Fächern auch, im Sinne einer Lernprogression eine größere Orientierung an wissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden statt. Dieser Zugang ist, bei gleichzeitiger Schülerorientierung, Kennzeichen des Oberstufenunterrichts.

Zweitens drückt der Name („Wissenschaften“ im Plural) den interdisziplinären Zugang des Fachs aus.

Im Fach Sozialwissenschaften werden Themen und Fragestellungen aus den drei Wissenschaftsdisziplinen

  • Politikwissenschaft
  • Soziologie
  • Wirtschaftswissenschaften

untersucht und diskutiert.

Schüler*innen des Laurentianum diskutieren im Bundestag mit Bundestagsmitarbeitern über Verkehrspolitik.

Dieser Zugang bildet den Reiz des Fachs, weil Wechselwirkungen zwischen allen drei Perspektiven erschlossen werden und dies zu einem umfassenden Verständnis politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Themen durch die Schüler*innen führt.

Als Beispiel: Die aktuell kontrovers diskutierte Idee einer Wiedereinführung einer Vermögensteuer wird hinsichtlich parteipolitischer Interessenslagen (wer vertritt warum welche Position?), hinsichtlich gesellschaftlicher Fragestellungen (welche Auswirkungen auf die Sozialstruktur sind bei welchem Entwurf zu erwarten?) sowie hinsichtlich wirtschaftlicher Aspekte (welche Folgen sind für die Wirtschaftsentwicklung zu erwarten?) untersucht.

Die konkrete Unterrichtsgestaltung folgt, wie bereits im Fach Wirtschaft-Politik in der Sekundarstufe I, den didaktischen Prinzipien der Aktualität und Exemplarität. Mit anderen Worten: Es werden im Unterricht aktuelle politische und wirtschaftliche Themen untersucht, die exemplarisch für grundsätzliche, allgemeine Fragestellungen stehen und daraus entsprechende über den konkreten und aktuellen Fall hinausgehende Erkenntnisse erarbeitet.

Das Fach Sozialwissenschaften wird, wie alle anderen Fächer auch, in der Einführungsphase (Jahrgangsstufe EF) als dreistündiger Kurs angeboten und kann entsprechend der Vorgaben der APO-GOst angewählt werden.

In der Qualifikationsphase (Jahrgangsstufen Q1 und Q2) kann das Fach Sozialwissenschaften als Grundkurs (drei Unterrichtsstunden pro Woche) oder als Leistungskurs (fünf Unterrichtsstunden pro Woche) angewählt werden.

Eine Besonderheit hat das Fach Sozialwissenschaften mit dem Fach Geschichte gemeinsam: Wegen der herausgehobenen Bedeutung politischer und historischer Bildung für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft kann die Oberstufe nicht ohne eines der beiden Fächer absolviert werden. Wer das Fach Sozialwissenschaften weder als Grund-, noch als Leistungskurs belegt hat, muss deswegen in der Q2 einen dreistündigen Zusatzkurs im Fach Sozialwissenschaften belegen, dessen Ergebnisse in die Abiturnote einfließen.

1. Politische Strukturen, Prozesse und Partizipationsmöglichkeiten

  • Partizipationsmöglichkeiten in der Demokratie
  • Demokratietheoretische Grundkonzepte
  • Verfassungsgrundlagen des politischen Systems
  • Kennzeichen und Grundorientierungen von politischen Parteien sowie NGOs
  • Gefährdungen der Demokratie

In diesem Inhaltsfeld geht es um soziale sowie politische Handlungsoptionen und Aktivitäten in den verschiedenen Politikdimensionen. So kann ein Grundverständnis politischer Prozesse in der pluralen Demokratie und in der Zivilgesellschaft, der historisch gewordenen Verfassungsgrundsätze des Grundgesetzes und unterschiedlicher demokratietheoretischer Konzepte sowie eine Orientierung in der politischen Struktur und im politischen Spektrum entstehen. Die Auseinandersetzung mit diesem Inhaltsfeld kann damit das demokratische Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler als Bürgerinnen und Bürger begründen und stärken.

2. Individuum und Gesellschaft

  • Sozialisationsinstanzen
  • Individuelle Zukunftsentwürfe sowie deren Norm- und Wertgebundenheit
  • Verhalten von Individuen in Gruppen
  • Identitätsmodelle
  • Rollenmodelle, Rollenhandeln und Rollenkonflikte
  • Strukturfunktionalismus und Handlungstheorie
  • Soziologische Perspektiven zur Orientierung in der Berufs- und Alltagswelt

Anhand dieses Inhaltsfeldes erfolgt die Auseinandersetzung mit der individuellen Entwicklung und den prägenden sozialen Alltagserfahrungen der Schülerinnen und Schüler in einer sich durch Migration, Globalisierung sowie Digitalisierung verändernden Gesellschaft. Diese Entwicklungen und Alltagserfahrungen werden mithilfe soziologischer Erhebungsmethoden, Grundbegriffe und Grundmodelle verortet, verstehbar und gestaltbar. So kann eine erste Orientierung in den und mit Hilfe der Paradigmen soziologischer Theorie entstehen.

Die Schülerinnen und Schüler können zu einem Grundverständnis sozialer Prozesse gelangen, in denen sie sich als jugendliches Individuum im Spannungsfeld von Freiheitsbestrebungen auf der einen Seite und vergesellschaftender Sicherungs- und Anpassungsprozesse auf der anderen Seite befinden. Das Verständnis sozialer Prozesse und Strukturen fördert die Ausbildung der persönlichen Identität und den Erwerb der Fähigkeit zum Rollenhandeln.

3. Marktwirtschaftliche Ordnung

  • Rolle der Akteure in einem marktwirtschaftlichen System
  • Ordnungselemente und normative Grundannahmen
  • Marktsysteme und ihre Leistungsfähigkeit
  • Wettbewerbs- und Ordnungspolitik

In diesem Inhaltsfeld geht es – unter Berücksichtigung von individuellen wirtschaftlichen Erfahrungen – um ein Grundverständnis ökonomischer Zusammenhänge und Interessenlagen in einer marktwirtschaftlich geprägten Wirtschaftsordnung. Dazu sind die Funktionen der Akteure im marktwirtschaftlichen System sowie die grundlegenden Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland, auch in ihrer historischen Bedingtheit, zu betrachten.

Stärken und Grenzen dieses Wirtschaftssystems, auch im Hinblick auf seine ökologische und soziale Tragfähigkeit, sowie die Rolle des Staates als Gestalter der Wettbewerbs- und Ordnungspolitik sind notwendige Gegenstände bei der Auseinandersetzung mit diesem Inhaltsfeld. Schülerinnen und Schüler können bei der Behandlung dieses Inhaltsfeldes erfahren, dass die Soziale Marktwirtschaft, die am Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung orientiert sein soll, von Menschen gestaltet wurde und weiterhin gestaltbar ist.

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1. Wirtschaftspolitik

  • Legitimation staatlichen Handelns im Bereich der Wirtschaftspolitik
  • Zielgrößen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland
  • Qualitatives Wachstum und nachhaltige Entwicklung
  • Konjunktur- und Wachstumsschwankungen
  • Wirtschaftspolitische Konzeptionen
  • Bereiche und Instrumente der Wirtschaftspolitik

Mithilfe dieses Inhaltsfeldes erfolgt eine Auseinandersetzung mit der Legitimation staatlicher Beeinflussung von gesamtwirtschaftlichen Zielgrößen. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Wachstumsbegriffen und Wohlstandsindikatoren sowie mit Konjunktur- und Wachstumsschwankungen im Hinblick auf wirtschaftspolitische Zielvorstellungen. Hierzu werden unterschiedliche wirtschaftspolitische Konzeptionen betrachtet, die durch divergierende

Zielvorstellungen und ihre jeweiligen Instrumente gekennzeichnet sind. Berücksichtigt werden dabei auch gegenseitige lokale und globale Abhängigkeiten wirtschaftspolitischer Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse sowie die Verfügbarkeit und Verteilung natürlicher und sozialer Ressourcen. In der Beschäftigung mit diesem Inhaltsfeld reflektieren die Schülerinnen und Schüler die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen für sich selber in aktuellen und zukünftigen Rollen und Lebenssituationen sowie für die unterschiedlichen am Wirtschaftsprozess beteiligten Interessengruppen in nationalen und internationalen Zusammenhängen sowie im Hinblick auf soziale und ökologische Tragfähigkeit.

2. Strukturen sozialer Ungleichheit, sozialer Wandel und soziale Sicherung

  • Erscheinungsformen und Auswirkungen sozialer Ungleichheit
  • Sozialer Wandel
  • Modelle und Theorien gesellschaftlicher Ungleichheit
  • Sozialstaatliches Handeln

Durch die Auseinandersetzung mit diesem Inhaltsfeld können Gesellschaftsstrukturen und deren zurückliegende sowie potentielle künftige Entwicklungen auch empirisch gestützt eingeschätzt werden. Sozialwissenschaftliche Modelle und Theorien ermöglichen darüber hinaus die Deutung sozialer Ungleichheit sowie die kritische Reflexion ihrer Ursachen.

Sozialstaatliches Handeln wird im Hinblick auf seine kontroversen normativen und politischen Grundlagen, seine Interessengebundenheit sowie seine Finanzierungsbedingungen betrachtet. So können die Schülerinnen und Schüler soziale

Ungleichheit als eine von Menschen gemachte und somit auch von Menschen veränderbare Grundtatsache verstehen. Ziel ist, dass Schülerinnen und Schüler ihr eigenes Verständnis von sozialer Gerechtigkeit weiterentwickeln und an kontroversen Debatten dazu teilhaben können.

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1. Europäische Union

  • EU-Normen, Interventions- und Regulationsmechanismen sowie Institutionen
  • Historische Entwicklung der EU als wirtschaftliche und politische Union
  • Europäischer Binnenmarkt
  • Europäische Integrationsmodelle

In diesem Inhaltsfeld geht es um die Bedeutung politischer Interventionen auf der Ebene der EU für das Alltagsleben sowie das soziale, ökonomische und politische Leben in Deutschland. Das Inhaltsfeld ermöglicht die Auseinandersetzung mit der zentralen Rolle der EU für die Sicherung von Frieden und Stabilität in Europa sowie mit den aktuellen Möglichkeiten und Freiheiten der EU-Bürger.

Die Schülerinnen und Schüler reflektieren aktuelle politische, soziale und ökonomische Entwicklungen und Kontroversen innerhalb der EU im Spannungsfeld von nationalen und gesamteuropäischen Interessen und Leitvorstellungen zur europäischen Integration.

2. Globale Strukturen und Prozesse

  • Internationale Friedens- und Sicherheitspolitik
  • Beitrag der UN zur Konfliktbewältigung und Friedenssicherung
  • Internationale Bedeutung von Menschenrechten und Demokratie
  • Merkmale, Dimensionen und Auswirkungen der Globalisierung
  • Internationale Wirtschaftsbeziehungen
  • Wirtschaftsstandort Deutschland

In diesem Inhaltsfeld geht es um die Grundlagen der Friedens- und Sicherheitspolitik sowie die Möglichkeiten und Grenzen des Handelns internationaler Akteure in Konfliktfällen. In diesem Zusammenhang werden die Strukturen und Prozesse internationaler Beziehungen sowie die internationale Bedeutung von Menschenrechtsnormen betrachtet. Darüber hinaus werden die Gestaltbarkeit sowie die Auswirkungen von Globalisierungsprozessen auf den Standort Deutschland behandelt. Die Auseinandersetzung mit diesem Inhaltsfeld ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, ein vertieftes Verständnis der Chancen und Risiken globaler Strukturen, Prozesse, Probleme und Konflikte auch im Hinblick auf Klimawandel und nachhaltige Entwicklung zu erlangen, indem sie die zugrunde liegenden Demokratie-, Wohlstands-, Sicherheits- und Kooperationsvorstellungen reflektieren.

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In Kürze werden hier die Inhalte des Zusatzkurses Sozialwissenschaften eingestellt.